Verabschiedung von Maria Waltner

Am Freitag, den 30. Juni 2023 wurde die Schulleiterin die Dietrich-Bonhoeffer-Schule Maria Waltner mit einer Festveranstaltung  in den Ruhestand verabschiedet.

Bildimpressionen der Abschiedsfeier

Thomas Kuhn

In seinem Grußwort zur Verabschiedung von Maria Waltner betonte der Pädagogische Vorstand der Stiftung Jugendhilfe aktiv, dass es nicht so sehr darauf ankomme, ein gesetztes Ziel vollständig zu erreichen.Wichtiger sei der Einsatz auf den Weg und die Fähigkeit immer wieder beginnen zu können, also dranzubleiben. Und diese Beharrlichkeit habe Maria Waltner als Sonderschullehrerin und Rektorin der Dietrich-Bonhoeffer Schule immer wieder von neuem bewiesen. Besonders hob Thomas Kuhn in seiner Begrüßung stellvertretend für die zahlreichen Gäste der Veranstaltung Thomas Franz hervor, bis 2006 Schulleiter der DBS. Er habe die besondere Fähigkeiten von Maria Waltner erkannt und sie bereits 1993 als Lehrerin für die Schule gewinnen können. Daraus seien drei produktive Jahrzehnte geworden, an denen Maria Waltner an der Schule Zeichen setzte. Er sprach seinen herzlichen Dank für die gute Zusammenarbeit aus und freue sich auf die Zusammenarbeit mit Konrektor Achim Westermann, der im September 2023 zum neuen Rektor der Schule ausgewählt wurde.

Achim Westermann

Als nächster Redner ergriff Konrektor und zukünftiger Schulleiter der DBS Achim Westermann das Wort. Er berichtete, dass 1986, als Maria Waltner als Lehrerin zur DBS kam, das Kollegium 14 Lehrerinnen und Lehrer zählte. Heute habe die Schule 80 Lehrerinnen und Lehrer. Es sei der Beharrlichkeit des damaligen Rektors zu verdanken, dass Maria Waltner von ihrem ursprünglichen Vorhaben abgebracht wurde und statt nach Abschluss ihres Studiums auf Weltreise zu gehen, als Sonderschullehrerin in Plieningen zu beginnen. So sei es auch nur folgerichtig gewesen, dass Maria Waltner auf Basis ihrer Persönlichkeit und hohen fachlichen Komptetenz 2006 Rektorin der Schule wurde und in dieser Funktion erfolgreich bis ins Jahr 2023 führe. Dies zeige auch die eindeutige Bemerkung des damaligen Vorstands der Wilhelmspflege 2006, Herrn Mertens: „Alle wollen sie!“

Schon zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn sei es ihr wichtig gewesen eine Balance zwischen der Erziehung ihrer beiden Töchter und dem Beruf zu finden. Stets standen für sie die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler im Mittelpunkt. So wurde beispielsweise auf ihr Betreiben hin 2007 eine Schulküche eingeführt, schulische Außenstellen entstanden, die DBS Esslingen, die Straßeneckenschule in Esslingen, Youssef in Bad Cannstatt, und die DBS Esslingen. Die Mädchenklassen mit heute 30 Schülerinnen entstanden ab 2009.

Maria Waltner reagierte stets auf neue Herausforderungen. Stets war ihr dabei die Zusammenarbeit mit der Jugendhilfe auf dem Gelände der Wilhelmspflege wichtig. So wurden kontinuierlich inklusive Hilfsangebote ausgebaut.

Warmherzig, humor- und respektvoll entwickelte sie die Förderschule zum Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt „emotionale und soziale Entwicklung“ mit aktuell vier Abschlussmöglichkeiten bis hin zum Realschulabschluss, den 2023 erstmals von einem Schüler erfolgreich absolviert wurde.

Achim Westermann betonte zum Schluss seiner Rede insbesondere ihr Eintreten für Gerechtigkeit, aber auch das persönliche Werben für Verständnis für die Schüler der DBS gerade auch in Plieningen. Er wünschte Maria alles Gute für die Zukunft und endete mit zwei Leitsätzen Waltners: „Man muss das Unmögliche wollen, um das Mögliche zu erreichen. Nach mir die Zukunft!“

Monika Strobach

Die Wirtschaftliche Vorständin der Stiftung Jugendhilfe aktiv Monika Strobach begann ihre Rede mit einem Rückblick in das Jahr 1986, in dem die 37 Jahre begannen, die Maria Waltner in der Dietrich-Bonhoeffer-Schule arbeitete. Als Kind im ländlichen Raum habe Waltner eine glückliche Kindheit erlebt und in Reutlingen ihr Sonderschulstudium erfolgreich abgeschlossen. Als Herr Franz sie für eine frei gewordene Lehrerstelle nach Plieningen anwerben wollte, war die erste Reaktion, dass sie vorhabe bei Bosch Geld zu verdienen und anschließend auf Weltreise zu gehen. Doch Herr Franz ließ glücklicherweise nicht locker, so Strobach. Er lud Frau Waltner vorgeblich zu einem unverbindlichen Gespräch ins Hotel Europa ein. Auf der Dachterrasse des Hotels erwarteten Frau Waltner das versammelte Kollegium der Schule inklusive Zivildienstleistende und Praktikanten. „Das Bewerbungsgespräch auf der Dachterrasse“, so Strobach an Maria Waltner unter Lachen des Publikums, „haben dich überzeugt. Du sagtest ja als Fachlehrerin.“

Aus der Fachlehrerin wurde rasch eine Klassenlehrerin und 2005 die Schulleiterin, die 18 Jahre lang die Jahr für Jahr wachsende Förderschule leitete.

Was definiert die Kompetenz einer Schulleiterin, fragte Monika Strobach und verlas eine Beschreibung aus dem Internet: „Ein Schulleiterin ist eine Fachfrau, die Probleme erkennt, von denen sie weder wusste, dass es sie gibt, noch in der Lage ist, sie zu verstehen, und die sie auf eine Art und Weise löst, die jede Vorstellung übertrifft.“

Es brauche Kompetenz und Weitsicht, eine Pädagogin mit Leib und Seele, Kinder auf das Leben vorbereiten. Ein Beispiel auf diese Fähigkeit, seien beispielsweise die Handwerkertage und die Spielstadt, die unter der Leitung von Maria Waltner regelmäßig durchgeführt wurden. Regelmäßig Fachtage garantierten eine hohe Professionalität des Kollegiums, die stets in Bezug auf die Fähigkeiten der Schüler stünden.

Maria Waltner sei eine Leiterin mit Kompetenz und Weitsicht, nie abwertend über Kollegen, mit einer grundsätzlich positiven Lebenshaltung. In diesem Kontext habe sie erfolgreich eine Schule mit aktuell mehr als 90 Lehrerinnen und Lehrern und mehr als 270 Schülerinnen und Schüler geführt.

Diese Herausforderung schaffe man nur mit kompetenten Lehrerinnen und Lehrern und einer Führung, bei der sich alle gehört fühlen. Maria Waltner war dabei stets ein Vorbild für alle und lebte Respekt, Empathie und Verantwortungsbewusstsein. So entstand die für gute Arbeit zentrale Atmosphäre des Vertrauens an der Schule, für die sie im Namen des Vorstands und des Stiftungsrats danke.

„Das Glück des guten Lebens bedarf der Anstrengung“, zitierte Frau Strobach zum Abschluss ihrer Rede einen der zentralen Leitsätze von Maria Waltner.

Abschiedsrede von Maria Waltner

Woran ich glaube: An ein Leben vor dem Tod, an Empathie und Aufmerksamkeit für einander, das es immer wieder darum geht, sich einander mitzuteilen und den anderen verstehen zu wollen. Du hast irgendwann mal geschrieben: „Mir und den Menschen, die mir wichtig sind wurde immer geholfen. Das kann man nicht immer direkt zurückgeben aber streuen.“ Daran glaube ich auch. An zufällige Taten der Güte, die keine Gegenleistung brauche. Ich glaube das wirkt viral. Ihr seid ansteckend. Und ich glaube, dass sich das Leben daran misst, wozu man ja und wozu man nein sagt. Es muss von Herzen kommen was auf Herzen wirken soll.

Liebe Gäste, liebe Leonie und Pia, lieber Jonas und Max, liebe Regina, liebe Almut, liebe Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Kooperationspartner, liebe Plieninger. Das ist schon umwerfend und nicht zu fassen. Ich bin zutiefst dankbar und ich finde umwerfend, was ihr heute für mich auf die Beine gestellt habt und ich bin dankbar, dass ich das mit euch erleben darf.

Ich mag keine Abschiede. Das merkte ich schon in den letzten Jahrzehnten, wenn ich Menschen verabschiedet habe. Aber heute trifft es mich mit voller Wucht. Alles hat ein Ende und ich empfinde es als Geschenk, dass ich es bis hierher geschafft habe und dass ich all die Jahre ein so erfülltes, oft auch überfülltes Leben leben durfte.

Und gleich zu Beginn meiner kurzen Rede möchte ich ein Geheimnis lüften- auch wenn es von der Dramaturgie nicht so vorteilhaft ist. Ich bin sehr reich. Reich an menschlicher Wärme, reich an ehrlichen positiven Begegnungen, reich an Lebenserfahrung, reich an Kraft und Humor, reich an guten Menschen um mich herum.

Und dann steht an erster und alleiniger Stelle ihr beiden, du, Leonie und du, Pia. Das Leben mit euch war und ist schon immer sehr bunt, sehr warmherzig, sehr aktiv und interessant, liebevoll, fröhlich und humorvoll. Wir haben Glück miteinander. Dankeschön!

Und da sind Geschwister, Tanten und Freunde. Zu den Tanten möchte ich noch etwas sagen, manche wissen das, ich habe eine Tante Paula, die ist 93 Jahre alt, die hatte zu Peter und Paul Namenstag, und da habe ich ihr abends um acht Uhr angerufen und zum Namenstag angerufen. Und dann habe ich ihr gesagt, dass ich heute meine Abschiedsfeier habe und dass ich Ende Juli aufhöre, und dann hat sie gesagt: »So jetschd host Recht, no hast noch wenigstens was vom Lebe!« Da sind Geschwister und Freunde und ein ganzes Dorf im Hintergrund. Mein oberschwäbisches Heimatdorf Zußdorf, Menschen mit viel Gemeinschaftssinn und Kraft. Menschen die füreinander da sind, einander unterstützen, einem enormen Tatendrang haben, sich gegenseitig bereichern, inspirieren und unter die Arme greifen und feste miteinander Feste feiern. Dieser biografische Teil hat immer stark in meine Arbeit hineingewirkt.

Zu Plieningen. Ich bin immer noch beim Thema Reichtum. Es hat ein wenig gedauert, bis ich bemerkt habe, dass Plieningen ja auch ein Dorf ist, in dem sich Menschen begegnen, unterstützen, wohlwollend miteinander leben, Verständnis für andere aufbringen, gemeinsam singen, Theater spielen, Sportvereine besuchen, Flüchtlingsarbeit machen, sich bei den Landfrauen engagieren, sich als Freizeitlandwirte auf dem Gelände der Wilhelmspflege betätigen oder Bienenvölker betreuen. Und mit der Schule, der Wilhelmspflege, der Stiftung Jugendhilfe aktiv, freundschaftlich verbunden sind.

Ich bin reich an guten Menschen. Das sind Kolleginnen und Kollegen, die ihre Arbeit erst nehmen, sich für ihre Kinder und Jugendlichen übercdie Maßen engagieren und den Kindern in ihrer persönlichen und schulischen Entwicklung zur Seite stehen. Kolleginnen und Kollegen, die ständig auf der Suche nach neuen Lösungen sind. Dankeschön!

Kolleginnen und Kollegen, d auch immer wieder das persönliche Gespräch suchen und ihre Wertschätzung und Achtung zum Ausdruck bringen. Da sind und waren Vorgesetzte, die einen erst nehmen, die mit einem in der Sache streiten und zum Wohl der Kinder und der Einrichtung arbeiten. Da ist der große Jugendhilfebereich mit vielen Mitarbeitenden und vielen vernetzten Angeboten und guten Kooperationen. Da sind unsere Schülerinnen und Schüler, die trotz, oder gerade wegen ihrer erschwerten Lebensbedingungen kämpfen, und nicht aufgeben und dazu häufig noch Humor haben und gut aufgelegt sind. Ich habe beim Aufräumen einen Zettel gefunden, da stand zwanzig Mal drauf, wir dürfen nicht jubeln, wenn es der Lehrer ernst meint.

Ich habe mal nachgeschaut, was ich der Welt in meiner Antrittsrede im November 2006 versprochen habe. Als persönliche Merkmale habe ich angegeben, ich könne Sachverhalte gut strukturieren, habe ein gesundes Gespür für Sachverstand und für Situationen, ich könne Kolleginnen und Kollegen für neue Ideen gewinnen, Standpunkte glaubhaft vertreten, Fehler eingestehen und andere machen lassen und habe eine gewachsene Autorität voll Vertrauen.

Des weiteren habe ich drei Leitgedanken, die meine Arbeit prägen sollen, genannt. Erstens: Eine gute Schule ist eine geleitete Schule. Als Schulleiterin habe ich Ziele, Visionen und Qualitätsansprüche. Es gehört zu meiner Aufgabe, darauf zu achten, dass die Arbeit gut getan wird und dass die Beschulung an unserer Schule eine hohe Nachhaltigkeit und Wirksamkeit hat. Zweiter Leitgedanke: die Schülerinnen und Schüler, Eltern und Kooperationspartner spüren, ob sie uns wichtig sind. Das heißt, sagte ich damals, ich möchte gewährleisten, dass allen Kindern und Jugendlichen und allen am Erziehungsprozess Beteiligten mit Respekt und Wertschätzung begegnet wird. Dass wir das Gute sehen, das ist ein Teil unserer Professionalität und dass wir Eltern einbinden, informieren und wertschätzen. Dritter Leitgedanke: die Wirksamkeit sonderpädagogischer, schulpädagogischer Konzepte ist begrenzt. Die individuellen Problemlagen von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern sind häufig komplex und von Mangel und dramatischen Ereignissen geprägt. Eltern können, obwohl sie gerne wollen, Erziehung und Halt nicht ausreichend gewährleisten. Kinder resignieren, rebellieren oder verzweifeln an ihren Lebensumständen. Dies zeigt sich dann oft in ihrem, oberflächlich betrachtet, nicht erklärbaren Verhalten aus heiterem Himmel.

Schule allein kann das nicht meistern. Daher immer wieder die Herausforderung: Wie können wir gemeinsam mit der Jugendhilfe zu einer Lebenshilfe für die Kinder und Eltern werden? Wie schaffen wir gemeinsam vernetzte, wirksame und nachhaltige Hilfekonzepte mit guten Rahmenbedingungen?

Das Glück, das gute Leben bedarf der Anstrengung. Wenn man zwei Wege vor sich hat, einen ganz ebenen, der schon hinten das Paradies verspricht, und einen wo Gebüsch ist, und man weiß nicht so recht wo man rauskommt, dann würde ich auf jeden Fall immer den zweiten Weg nehmen. Der einfache erscheint einfacher, im Prozess merkt man doch häufig, dass vielleicht doch der andere Weg der sinnvollere war.

Der Beruf des Sonderschullehrers steht unter dem Motto »Das Glück bedarf der täglichen Anstrengung«. Die pädagogische Arbeit stellt uns oft vor unverhoffte Herausforderungen. Da braucht es eine gute Ausrüstung, da braucht es - früher wie heute - Lehrerpersönlichkeiten, die belastbar sind, die offen auf Schülerinnen und Schüler zugehen und eingehen, die Konflikte und Niederlagen nicht scheuen und die Flexibilität, Gelassenheit, Großmut, Toleranz und Humor mitbringen. Professionalität wird berufsbiografisch erworben sowie über Weiterbildungen gestärkt. Ich denke da beispielsweise an unsere jüngste Weiterbildung zur Neuro-Deeskalation, die viele Wege auf allen Ebenen öffnet.

Das wichtigste an unserer Schule - und das haben wir - gut ausgebildetes Fachpersonal, und für unseren Nachwuchs haben wir viele ESP Studentinnen und Studenten, FSJler und Referendarinnen und Referendare. Wir pflegen einen wertschätzenden und vertrauensvollen Unterricht miteinander, feiern gern gemeinsam und schauen nach guten Rahmenbedingungen nach dem Motto »Einer ist für den anderen da«.

Es gab 2006 im Kultusministerium eine Studie zu dem Thema was unterscheidet den Unterricht an einer SBBZ ESENT vom Unterricht an allgemeinbildenden Schulen? Das Kultusministerium versprach sich davon auch Schlüsse für alle allgemeinbildende Schulen.

Aus meiner Sicht ist dies einfach. Auf Grund der Grundbedürfnisse des Menschen, die wir alle teilen, sind Essen, Trinken, Schlafen, Wohnraum und Kleidung. Das sind die Bedürfnisse nach Sicherheit, Vertrauen, Liebe, Zugehörigkeit, Akzeptanz, Selbstwirksamkeit und Wertschätzung. Auf dieser Grundlage machen wir unsere Erziehungsangebote. Wir versuchen beim Kind den Kreislauf der Entwertungserfahrung zu unterbrechen. Je nach Kindern und deren Bedarfe sind wir sehr flexibel in der Ausgestaltung der Settings. Wir versuchen so gut es geht personelle Kontinuität, Bindung und Verlässlichkeit zu bieten. Wir reflektieren unsere eigene Haltung in Supervisionen und kollegialen Fallbesprechungen. Es bedarf natürlich auch genügend Materialressourcen und gut ausgebildetes Fachpersonal und ein hohes Maß an Fort- und Weiterbildung. Dank der guten Vernetzung mit der PH Ludwigsburg und dem sonderpädagogischen Seminar für Lehrerausbildung sind wir als Ausbildungsschule für Studierende, Praktikanten und Referendarinnen sehr gefragt und haben daher immer gute Nachwuchslehrkräfte.

Wir versuchen die schwierigsten Kinder zu halten und auszuhalten. Wir fragen uns, mit welchem Blick schaue ich auf das Kind, schaue ich hinter das Vordergründige. Wie finde ich die richtige Frage beim jeweiligen Kind?

Wir bieten einen differenzierten Unterricht mit digitalen Medien in Einzel- und Gruppensettings. Aber wir bieten auch handlungsorientierten Unterricht zu Erlernung von Arbeitsabläufen und ausdauerndem Arbeiten. Die Schüler erfahren sich dadurch selbstwirksam und wir haben Beispiele gesehen. Wir haben den Schulchor, in dem man sich selbstwirksam in der Gruppe erleben kann. Wir haben das Schulkochen, das über Jahren gepflegt wird und in dem die Schüler sehr viel lernen. Der Bildungsplan von ESENT-Schulen beinhaltet sehr viel zum Thema Selbstorganisation und das Leben meistern. Da läuft bei uns sehr viel im Technik- und Kochunterricht und in vielen anderen Projekten im Bereich Kunst und Sport. Erlebnispädagogik, Judo, Reiten Schulgarten. Das sind essentielle Dinge, die unsere Schüler bedeuten.

Bei den mehr als 200 externen Schülerinnen und Schülern, die keine Jugendhilfemaßnahme haben, merken wir, dass ein Schulplatz bei uns mehr ist als in Regelschulen. Für diese Kinder und Jugendliche sind unsere Lehrerinnen und Lehrer oft der einzige und alleinige Anlaufpunkt bei Lebensproblemen wie ungewollter Schwangerschaft, Drogenproblemen, sexuellem Missbrauch, Erziehungsproblemen, Sucht oder Gewalt in der Familie.

Ich finde mich in vielem wieder, was meine Vorrednerinnen und Redner über die Rolle der Schulleiterin ausführten. Von Schiller im Gedicht „Die Glocke“ fallen mir folgende Zeilen ein: »Hört der Bursch die Vesper schlagen, Meister muss sich immer plagen.« Als Schulleiterin bin ich immer eine Unternehmerin mit hohen Ansprüchen. Was will ich, warum will ich es, für wen hat es einen Nutzen, was kommt bei diesem Vorgehen beim Kind und was bei den Eltern an? Welchen nachhaltigen Nutzen haben die Schülerinnen und Schüler von unseren Konzeptionen und Entscheidungen?

Die Städte und Kommunen in Baden-Württemberg schaffen Rahmenbedingungen für gute Bildung. Aber die eigentliche Schulentwicklung und somit die Qualität des Unterrichtens und der Bildungsangeboten findet vor Ort in unseren Köpfen und Klassenzimmern statt. Wenn ich als Lehrperson, als Schulleitung von einem Projekt, einer Idee überzeugt bin, wenn ich mir intensive Gedanken mache, wozu das Vorhaben gut ist und wie ich es am besten mit anderen umsetze, dann kann dieses Vorhaben gelingen, Spaß machen und zum Wohle aller Schülerinnen und Schüler erfolgreich verlaufen. Es wird bei allen Beteiligten Zufriedenheit über die gelungene Aktion, das Gelernte und die geleistete Arbeit auslösen.

Wir stoßen in Plieningen auf sehr viel Verständnis bei allen Nachbarn, beim Bezirksrat, bei der Bezirksratsvorsteherin, bei Freunden, Bekannten, Gönnern, Bauern. Ich möchte in diesem Zusammenhang einen Ausschnitt aus einer E-Mail mit der Schillerschen Überschrift »Wehe wenn sie losgelassen, wachsen ohne Widerstand«, vorlesen, die mich erreichte. Unsere Schülerinnen und Schüler benehmen sich in der Öffentlichkeit öfters vollkommen daneben und machen Negativschlagzeilen.

»Sehr geehrte Frau Waltner, wir sind eine Wohngemeinschaft und wohnen ganz in der Nähe einer Bushaltestelle. Vergangene Woche ereignete sich ein unangenehmer Vorfall, als Schüler ihrer Einrichtung einen von uns geschnitzten Kürbis ohne zu Zögern von der Haustür weg über den Gehweg kickte und dieser dadurch zu Bruch ging. Der Schüler wurde dabei fotografiert. Da dieser Vorfall nur den Tropfen darstellt, der das Fass letztendlich zum Überlaufen gebracht hat, möchten wir sie um einen persönlichen Gesprächstermin bitten. Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen.“

Die Nachbarn an der Bushaltestelle wüssten sicherlich viel zu erzählen und ich bin einfach dankbar, dass wir auch bei manchmal erschwerten Bedingungen ein so gutes Verhältnis miteinander haben. Und das so jemand nach einem Konfliktgespräch dann doch sagt: »Ja, wir sind schon froh, dass wir Sie haben und Sie diese Arbeit machen.

Ich habe versucht in der Zusammenarbeit mit allen Beteiligten gegenseitiges Verstehen zu fördern, mit anderen auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten, habe Kolleginnen und Kollegen viel Freiraum eingeräumt, sie transparent in Entscheidungen mit einbezogen und Entscheidungen treffen lassen, um dynamische aktive Mitarbeit zu fördern und Weiterentwicklungen zu ermöglichen. Im besten Fall war ich auch hier und da eine moralische Instanz, ein werteorientiertes Vorbild. Mit Ihnen allen gemeinsam ist dies auch gelungen.

Ich möchte mich abschließend bei allen für dieses schöne Fest und die stets gute Zusammenarbeit bedanken